Herrenjahre" traf den Nagel auf dem Kopf. Die Erziehung vom Chef und seiner Schwägerin der Frau Pranke war sehr autoritär. Das erste Lehrjahr war von Schlägen und Schikane begleitet. Es gab eine Verkäuferin und drei Lehrlinge für jedes Lehrjahr einen.Zwei Jungs und ein Mädel.

Der Lehrvertrag bei Trillhaase von 1946

Lehrvertrag bei TrillhaseHerr Trillhaase hatte einen ca. 50cm langen Stock und bei jeder Kleinigkeit, die dem Chef gegen den Strich ging, gab es Schläge. Der Chef saß grundsätzlich im Büro, konnte aber alles durch ein großes Fenster sehen. Dazu kam seine Schwägerin, die nichts anderes zu tun hatte als uns zu überwachen und anzuschwärzen. Ausser der Bestrafung mit dem Stock gab es noch Sonderaufgaben nach dem Feierabend. Die Arbeitszeit begann morgens um 7.30 Uhr bis 13 Uhr und von 14 Uhr bis 19 Uhr. Strafarbeiten wie z.B. Putzen der Lager und Keller usw. konnten sich bis 21 Uhr ausdehnen.

Als ich einmal den alten Laden als Strafe säubern sollte nach Feierabend und um 20 Uhr meldete, ich wäre fertig, schüttete der Chef jede Menge Sand in den Laden, da ich seiner Meinung nach nicht sauber genug gearbeitet hatte. Natürlich konnten wir auch viel lernen, denn zur Zeit der Amerikaner konnten wir Kaffee rösten, Heringe einlegen, Salate bereiten usw. Auch die Schaufenster haben wir selbst dekoriert. Allerdings kamen wir im ersten Lehrjahr nicht in den Laden. Regale und Schubladen mußten ständig von den Lehrlingen aufgefüllt werden. Ware wurde nur von den Lehrlingen in die Lager geräumt.

Mit einem Leiterwagen mußten wir unten in der Nähe vom Bahnhof Saure Gurken und Sauerkraut in Fässern holen. Alles per Hand, bei einem Fass eine Person, bei zwei Fässern zwei Personen, egal ob Junge oder Mädel, schön den Berg hinauf zum Laden. Es gab auch Lehrgeld, im ersten Jahr 25 Mark, im Zweiten 35 Mark im Dritten 45 Mark abzugsfrei. Der Umgang mit uns änderte sich spontan, als die Amerikaner abzogen und Naumburg zu der Russischen Zone kam. Plötzlich mußte jeder in den FDGB und die jüngeren in die FDJ. Nun wurden wir hofiert in der Hoffnung, dass Herr Trillhaase ja keinen Ärger bekommt.

1943 war es dann so weit, Herr Trillhaase wurde enteignet und sein Geschäft von der HO übernommen. Meine Lehrzeit konnte ich bei Herrn Berger beenden. Da ich nun Vollkaufmann war, konnte ich sofort im Konsum Weißenfels als Verkäufer anfangen.

Die erste Jugendverkaufsstelle beim Konsum

Der Hauptsitz des Konsum war Weißenfels. In der Jacobstraße war jedoch eine Zentrale die von Herrn Hinrichs und einer Dame besetzt war. Herr Beckel, Filialleiter in der Siedlung, war Gesamtbetriebsrat. Bei Personalfragen mußte Herr Beckel immer einbezogen werden. Herr Beckel war unsere gute Seele und so hieß es auch: "Was ein Kochtopf ohne Deckel ist unser Konsum ohne Beckel!" Der Konsum hatte viele Filialen, Haushaltswaren, Drogeriewaren, Fotoarktikel und Lebensmittel.

Ich begann in der Filiale Jakobstrasse, ehemals Tengelmann, als Verkäufer. Ich mußte nach Magdeburg zur VST-Leiter-Schule. Ich war 20 Jahre und in der FDJ, dazu noch Vollkaufmann. So wurde ich zum VST-Leiter der ersten Jugend-Verkaufsstelle (VST) delegiert. Während meiner Zeit in der DDR gab es nur diese eine VST. Zwei Lehrlinge waren an meiner Seite.Mueller Konsum 500

Nach einem Jahr, also mit 21 Jahren, bekam ich dann eine VST in der Weichau. In dem Jahr in der Jugend-VST haben wir viel Eigeninitiative entwickelt. Auf jeder Veranstaltung waren wir mit einem Bauchladen und einem Verkaufsstand vertreten. Dazu holte ich mir Verstärkung aus der FDJ. Das war halt Ehrensache. Das führte natürlich dazu, dass unsere Filiale nicht nur das Soll erfüllte, sondern über's ganze Jahr gesehen sogar übererfüllte.Mueller Stand

Bereits nach einem Jahr kam ich also in die Weichau und ein junger Mann, der auch seine Lehre als Vollkaufmann (3 Jahre) beendet hatte, wurde mein Nachfolger. In der Weichau hatte ich nur eine kleine Filiale. Dank guter Beziehung von Frau Kretschmer vom Wirtschaftsamt, bei der monatlich die geklebten Lebensmittelmarken abgerechnet wurden, durfte ich die Kantine in der Süßwarenfabrik Bolle beliefern. Irgendwie entdeckte ich einen Anhänger, der als Verkaufswagen hergerichtet war. Da wurde eine Idee geboren: In den Werkspausen fuhr ich mit dem Fahrrad in die Fabrik und die Belegschaft konnte einkaufen. Das half natürlich das Soll zu erfüllen. Was verdiente man so als VST-Leiter? Hier die Bezüge von 1950 bis 1952:

1950 2520,00 Ostmark = 210.00 OM monatl. Brutto
1951 3410,00 Ostmark = 284,16 OM monatl. Brutto
1952 3650,00 Ostmark = 304,17 OM monatl. Brutto

In der Weichau brauchte ich eine Verkäuferin, da ich ja täglich zweimal zu Bolle fuhr. Das erhöhte natürlich das Soll, denn Personal hatte ja auch ein Soll. Es gab also den Konsum und den HO. Im Konsum konnte man auch HO-Artikel verkaufen, die waren ja ohne Marken zu haben, dafür aber teurer. Die Leiterin der Kantine bei Bolle rechnete stets die Bezugscheine in voller Höhe ab, auch wenn nicht alles verbraucht wurde. Da fiel natürlich schon mal Butter, Zucker, Margarine usw. für uns ab. Die Leiterin, Frau Kretschmar und ich teilten uns das privat auf. Wenn ich die überschüssige Butter als HO-Butter verkaufte, sprangen einige Ostmark für meine Verkäuferin und mich ab. Das also war die Konsumzeit.