Plötzlich Motorengeräusche, und uns bekannte Fahrzeuge fuhren auf den Marktplatz. Die "Amis" waren da. Wir rannten schnell in den Keller zurück. Nach bangen Warten erschien eine Militärstreife und suchte nach Wehrmachtsangehörigen. Da hier keine waren, kam die Antwort: "Der Krieg ist aus - nach Hause gehen." Noch Tage danach herrschte große Aufregung. Die Naumburger Burgstraße wurde vom Ostbahnhof her geräumt und von amerikanischen Truppen besetzt. Die Einwohner mussten kurzfristig mit wenig Sachen ihre Häuser verlassen. Es traf jedoch nicht alle Häuser. In unserer Nähe wurde das Haus Nummer 21 nicht besetzt. Wie ein Wunder blieb auch unser Haus Nummer 15 verschont. Einwohner aus der Nummer 32 zogen mit in unser Haus. Vor der Nummer 32 war dann später die Feldküche. Oben bei "Möbel-Kühn" wurde eine Straßensperre erreicht. Bald gab es teilweise Ausgangssperre. Wir Kinder spielten mit den Soldaten, erhielten manchmal Süßigkeiten und Essen aus der Feldküche. Es kam darauf an, wer Dienst hatte, denn manche Soldaten jagten uns auch fort. Besonders ein farbiger Fahrer hatte es uns angetan. Er ließ uns in seinem Jeep und fuhr sogar mit uns herum. Auf das Wort "Kapitän" mussten wir schnell verschwinden.

Ich konnte von unserem Wohnzimmer aus beobachten, wie amerikanische Soldaten die Schränke der Familien Kettnitz und Bermich in den Häusern uns gegenüber durchsuchten. Am 7. Mai hatte ich Geburtstag, wurde zehn Jahre alt. Am Wochenende war eine Kaffeestunde mit Verwandten angesagt. Auf der Straße plötzlich ein Militäraufmarsch. Vor dem Haus Nummer 23a befand sich eine Fahnenstange, wurde die amerikanische Flagge gehisst, traten Soldaten an. Der Zweite Weltkrieg war beendet.