Rossbacher Straße entlang, über die Eisenbahnbrücke bis zum Ortsausgang, wo die Mausa unter der Straße hindurch in Richtung Saale fließt. Hier bogen wir ab und liefen den von großen Zitterpappeln gesäumten Weg entlang zur Saale, an Kaisers Badeanstalt vorbei, bis zur Rossbacher Brücke. (In die Badeanstalt konnten wir nicht, da wir kein Geld hatten.) Etwa in der Mitte zwischen der Brücke und der Badeanstalt war eine flache Stelle in der Saale. Hier badeten wir immer.

duenkel badIch ging also ins Wasser und lief ein Stück, der Untergrund bestand aus Kieselsteinen, die gaben plötzlich nach und rollten unter mir weg. Ich tauchte unter und fand keinen Grund. Ich versank, hatte aber keine Angst, wusste nicht wie mir geschah und sah mit aufgerissenen Augen, wie sich die Sonnenstrahlen im Wasser brachen. Plötzlich hatte ich wieder Grund unter den Füßen, die Steine rollten aber wieder weg und ich konnte keinen Halt finden. Da packte mich jemand an den Armen und zog mich ans Ufer! Glück gehabt!

Nachdem meine Eltern von dem Ereignis erfahren hatten, bekam ich Geld und durfte bei Kaiser Ede schwimmen lernen.
Die "Schwimmlehre" war in mehrere Stufen eingeteilt:

Duenkel Leine a1. "Die Angel": Man bekam einen Gurt um den Leib, daran war eine Leine, die an einer Stange befestigt war. Die Stange hielt der Bademeister über das Bassingeländer und erteilte dem daran hängenden Schwimmeleven seine Anweisungen. Bei Nichtbefolgen ließ er die Leine kurz los, so dass man unter Wasser geriet - zur Freude der vielen Zuschauer.

2. "Die straffe Leine": Man hing mit dem Gurt um den Bauch an einer straff gehaltenen Leine, an der man vom Bademeister an der Kurzen Seite des Bassins hin- und hergeführt wurde.

3. "Die lockere Leine": Sie wurde, wie gesagt, locker gehalten und der Bademeister ließ einen daran um das ganze Bassin schwimmen.

4. "Bassinfrei": Man musste 15 Minuten hintereinander ohne Leine schwimmen.

5. "Saalefrei": Hierbei musste man 45 Minuten hintereinander ohne Leine schwimmen. Dafür durfte man dann das Sprungbrett benutzen um in die freie Saale zu springen und dort unter Aufsicht baden.

Als Kinder hatten wir immer Hunger, besonders nach dem Baden. Da die mitgebrachte Bemme nicht lange vorhielt, aßen wir auf dem Heimweg alles was erreichbar und essbar war, Äpfel, Birnen und Pflaumen von den Straßenbäumen, die Blätter vom Sauerampfer und die Früchte (Käse) der Wegmalve.

Wer die Möglichkeit hatte, beschaffte sich einen möglichst großen Autoschlauch. Der wurde aufgepumpt zur Saale oder zum Baggerteich (bei Almrich) gerollt. An so einem Schlauch hingen oder saßen meist mehrere Kinder und trieben lachend, strampelnd und spritzend die Saale hinab. An der Almricher Brücke beginnend, ließ man sich von der Strömung die Saale hinunter, um ganz Naumburg herum, bis zum Hallischen Anger treiben. Das konnte, die üblichen Pausen mit eingerechnet, bis zu fünf Stunden dauern. Häufig war dann aber der Schlauch kaputt und musste zu Hause zum soundsovielten Mal geflickt werden.

Wir wohnten damals am Domplatz, hier war auch unser Spielplatz. Auf dem Domplatz parkten häufig russische Jeeps und LKW, die Offiziere waren in der Kommandatur im Oberlandesgericht und die Fahrer hatten Langeweile. Sie spielten mit uns Fußball, ließen uns in ihren Fahrzeugen herumklettern und ihre Waffen ansehen. Wir holten für sie hin und wieder Brot oder Wodka im Konsum. Dabei lernten wir auch ein paar Brocken russisch.

Ab und an kletterten wir auf der Georgenmauer am Oberlandesgericht herum und kauderwelschten mit den Wachen. Dabei entdeckten wir ein Armeeschlauchboot im Hof. Ziel erkannt. Abends, als es dunkelte und die Wachen zum Essen gingen, sprangen wir in den Hof und lehnten eine Leiter an die Mauer um das Schlauchboot hochzuziehen. Doch es war viel zu schwer! Außerdem hatten uns die Russen bald entdeckt. Sie packten uns am Kragen und zerrten uns zum Wachoffizier. Der sprach deutsch: "was ihr wollen?" Wir sagten es ihm, die Russen lachten. Jetzt wurde er ernst: "ihr gehen Kuchnja, Kartoffel und Zwiebel schälen, Dawai!" Sie brachten uns in ihre Küche und wir schälten, 4 ganze Stunden lang, eingerechnet die Pausen in denen uns der Koch mit Kartoffelpuffern und gebratenen Zwiebeln fütterte. Als wir dann in der Nacht nach Hause kamen, gab es nochmal richtig Ärger.

Geraume Zeit später entdeckten wir auf einem Schrottplatz einen amerikanischen Zusatztank von einem Flugzeug. Er war etwa 3 Meter lang und aus Aluminium. Wir schnitten ein längliches Loch hinein, so groß, dass zwei von uns hineinpassten und schleppten ihn zur Saale.

Wir ließen ihn zu Wasser, einer setzte sich hinein und - kippte um. Der Tank war rund und hatte keinen Kiel und auch mit Steinen beschwert kenterte er. Wir versteckten den Tank im Gestrüpp und gingen heim. Irgendwie fiel einem von uns die Sache mit dem Ausleger ein. Wir bauten diesen Ausleger aus einer Zaunlatte und einem leeren Benzinkanister und befestigten ihn an dem Tank. Nun ging alles ganz gut, der Tank schwamm, kippte nicht und konnte zwei Jungen tragen. Aber in der Strömung der Saale war der Tank immer schneller als der Kanister. Da musste man ständig gegensteuern. Jeden Abend versteckten wir unser Fahrzeug im Gestrüpp, doch wohl nicht gut genug, denn eines Tages war es weg.